

Die Geschichte der Issendorfer Schmiede
Das Schmiedehandwerk zählt zu den ältesten Handwerksberufen und in jedem größeren Ort, gab es seit jeher eine Schmiede. Die Issendorfer mussten allerdings lange auf ihren Dorfschmied warten. Im Jahre 1889 stand das etwa fünfzig Jahre alte Issendorfer Schulhaus (in der jetzigen Schmiedestraße Nr. 3) zum Verkauf, da am Dorfausgang Richtung Horneburg die neue Schule gebaut wurde.
Der damalige Schmied auf dem Gut Wiegersen Johann Meyer zeigte Interesse an dem Haus. Mit Kaufcontract vom 18. Mai 1889 erwarb er es vom Issendorfer Schulvorstand. Neben dem Wohnhaus wurde die Schmiedewerkstatt als Fachwerkhaus mit Harsefelder Falzpfannen errichtet. Die Schmiede bekam die Ehefrau Margarethe als Mitgift von ihrem Vater, dem Stellmacher Hinrich Dallmann in Sauensiek.
Der Gastwirt Diedrich Ropers konnte sich auch im hohen Alter noch genau an die Ankunft der Schmiedefamilie erinnern. Er war damals sieben Jahre alt. Für ihn war es ein großes Ereignis, dass nun ein Schmied in seine Nachbarschaft zog. Er wollte unbedingt der erste Kunde werden.
Deshalb lag er an dem langersehnten Tag seit morgens auf der Lauer, ob nicht auf dem Berg Richtung Ohrensen das mit großer Ungeduld erwartete Fuhrwerk ankam. Etwa einen halben Tag hat er wohl warten müssen, bis es endlich in Sicht war. Dann lief er eiligst in den Stall, holte sein Pferd heraus und zog damit zur Schmiede, wo es noch am selben Tag beschlagen wurde. So ging für den kleinen Diedrich ein großer Wunsch in Erfüllung: Er wurde der erste Kunde des Schmieds.


Der Sohn von Johann Meyer, Ludwig Meyer hat im Jahr 1902 den Betrieb von seinem Vater übernommen und brachte es mit der Schmiedearbeit zu bescheidenem Wohlstand.
Johann Meyer, der Sohn von Ludwig Meyer besuchte 1925 die Hufbeschlagschule zu Altona und legte 1928 vor der Meister-Prüfungs-Kommission für das Schmiedehandwerk im Bezirke der Handwerkskammer zu Harburg die Meisterprüfung ab. Sein Vater und sein Großvater haben niemals eine Prüfung machen müssen.
Der Dorfschmied führte praktisch alle Arbeiten aus, die irgendwie mit Metall zu tun haben, also auch Schlosser-, Klempner- und Installationsarbeiten. Aus den alten sogenannten Anschreibebüchern geht hervor, dass seine häufigste Arbeit der Hufbeschlag war. In dem Anschreibebuch aus dem Jahre 1889 ist zu lesen, dass Johann Meyer für ein neues Hufeisen 60 Pfennig nahm. Für diesen Preis wurde der Huf beschnitten, das Eisen angefertigt, glühend maßgerecht dem Huf angepasst und mit sechs bis acht selbstgemachten Hufnägeln aufgeschlagen.
Auch als Ludwig Meyer den Betrieb 1902 übernahm, waren die Arbeiten und die Preise nicht viel anders. Bei ihm stand ebenfalls der Hufbeschlag von allen Arbeiten an erster Stelle. Im Jahre 1914 berechnete er für ein neues Eisen und für das Aufschlagen 70 Pfennig. Das waren 10 Pfennig mehr als sein Vater 25 Jahre früher dafür bekommen hat. Nach dem ersten Weltkrieg stiegen die Preise rapide an. So kostete ein Hufeisen 1921 10 Mark, 1922 26 bis 1200 Mark und 1923, auf dem Höhepunkt der Inflation, bis zu 2 Millionen Mark.
Als Issendorf 1923 mit elektrischem Strom versorgt wurde, hat Johann Meyer die große Standbohrmaschine und den Schleifstein angeschafft und das Gebläse an der Esse anschließen lassen. Dadurch und durch das Licht der Glühbirnen wurde das Arbeiten wesentlich verbessert.
Im Dorf wurde die Pferdezucht rege betrieben. Fast jeder Bauer beteiligte sich daran. Alle im Frühjahr geborenen Stutfohlen mussten im Sommer an einem festgelegten Zeitpunkt in die Schmiedestraße zur Musterung gebracht werden. Die eiserne Form des Brandzeichens der Hannoveraner wurde dann im Schmiedefeuer erhitzt und auf dem Oberschenkel der Fohlen eingebrannt.
Im Krieg brauchte das Militär laufend neue Pferde. Also mussten die Bauern ihre Pferde in der Schmiedestraße vorführen.


Da es in dieser Gegend nur noch sehr wenige Schmieden wie unsere gibt, wurde die 1986 unter Denkmalschutz gestellt. Die meisten der zum Teil mehr als 100 Jahre alten Maschinen und Geräte stehen auch heute noch in der Schmiede, so zum Beispiel die alte Standbohrmaschine, der Schleifstein, die Biege- und die Stauchmaschine. Selbstverständlich sind auch noch der Amboss, die Esse und etliche Werkzeuge vorhanden.
Im Zuge der Gebietsreform wurde Issendorf 1972 ein Ortsteil von Harsefeld. Jetzt bekam jede Straße ihren Namen, die der Issendorfer Gemeinderat nach verschiedenen langwierigen Diskussionen festgelegt hat. Für eine Straße stand der Name von vornherein fest, nämlich für die Schmiedestraße.
Karl-Heinz und Sieglinde Meyer haben das Wohnhaus 1980 wieder neu aufgebaut und die Schmiede instandgesetzt. Wir haben das Grundstück inklusive der Schmiede im September 2022 übernommen und stehen auch weiterhin in regem Kontakt und Austausch mit dem Ehepaar Meyer.
Bei Fragen zu historischen Daten und Hintergründen, können wir diese
gern weiterleiten.
Quelle der auf dieser Seite verwendeten
Texte & historischen Fotos - Karl Heinz Meyer